Sardinien ist nicht nur im Sommer einen Besuch wert. Gerade Aktivurlauber schätzen die milden Insel-Temperaturen im Frühjahr für ausgiebige Spaziergänge und Wanderungen. Eine besonders reizvolle Tour führt von der Torre Nuova zur Punta Giglio mit tollen Ausblicken auf das Meer und die Küste.
Punta Giglio: So wahr, so wild, so wunderschön
Westlich von Alghero liegt der Naturpark Porto Conte. In dem 5000 Hektar großen geschützten Gebiet findet sich die sehenswerte Punta Giglio. Die „Landspitze der Lilie“ – das ist erst einmal viel Natur und viel Platz für Erholung. Schirm-Kiefer-Wälder, Zwergpalmen, Agaven, Strandlilien, Sturmtaucher, Wanderfalken und kreischende Möwen leben am senkrecht ins Meer abbrechenden Kap. Seit 1999 finden auch Spaziergänger und Wanderer fern vom hektischen Leben ihre Ruhe. Schon beim Start der Wanderung sieht man Wildschweine im Frühling durch den Park grunzen. Auch mit dabei: Damhirsche, Mufflons, Füchse und Wiesel.
Naturschutzgebiet mit bewegter Vergangenheit
Im Zweiten Weltkrieg wies das Königreich Italien der Punta Giglio durch die königliche Marine eine Schlüsselrolle zu. In den 1930er Jahren entstand auf dem Kap die in 100 m ü. M. thronende Küstenschutzbatterie “SR 413” zur Abwehr feindlicher See- und Luftfahrzeuge. Der militärische Außenposten sollte die Bucht von Porto Conte schützen, in der es ab 1937 zeitweise einen schwimmenden Flughafen gab. Dort wo heute die ehemaligen Militärruinen stehen, waren damals bis zu 72 Soldaten untergebracht. Seltsamerweise blieb der Militärstützpunkt bis Mitte 1941 von Landungen und Luftangriffen der Alliierten verschont. Erst in der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August 1941 wurde die Küstenbatterie erstmals beschossen – von den Zerstörern Cossack und Maori der britischen Royal Navy. Später zielten die Alliierten immer öfter, trotz des 1943 installierten Frühwarnradars Freya, mit Lockheed P-38 Lightning Kampfflugzeug auf die Küstenbefestigung und den schwimmenden Flughafen.
Heute ist die militärische Hinterlassenschaft, die jahrelang verfiel, ein Urlaubsdomizil geworden. 2017 entdeckte eine Gruppe junger Leute das wilde Lilien-Kap mit ihren Militärruinen. Kurzentschlossen gründeten sie eine Kooperative und nahmen an einer Ausschreibung für die Verwaltung denkmalgeschützter Gebäude teil. Der Fokus lag auf Nachhaltigkeit, Slow Tourism und Wiederherstellung historischer Gebäude. Nach der Vergabe des Auftrags und der Renovierung eröffneten sie 2021 eine kleine Herberge mit sieben Zimmern, einer gut bestückten Bar und einem feinen Restaurant, das weder die Natur belastet – noch das Gewissen der Urlauber. Die Militärruinen wurden mit Erklärungstafeln ausgestattet und zum Open-Air-Museum M.A.P.S. umfunktioniert.
Saint-Exupéry-Ausstellung im M.A.S.E.
Im Zweiten Weltkrieg befand sich auch Antoine de Saint-Exupéry, der mit seiner Parabel „Der kleine Prinz“ weltberühmt wurde, in Alghero. Im Auftrag der Alliierten startete er von Fertilia zu Erkundungsflügen. Am 31. Juli 1944 brach er zu einem Flug auf, von dem er nie zurückkehrte. Im Turm Torre Nuova aus dem Jahr 1572 ehrt das M.A.S.E. (Museo Antoine de Saint-Exupéry) den verschollenen Schriftsteller mit einer Ausstellung.
Info
Ausgangspunkt für die Tour zur Punta Giglio ist der ca. 500 Meter vor der Torre Nuova liegende Parkplatz „Parqueig del Parc del Comte“. Wer sich die knapp 3,5 Kilometer lange Strecke zu Fuß nicht zutraut, kann sich auch von den Betreibern der Herberge Rifugio di Mare am Parkplatz mit dem Elektrozüglein abholen lassen. Aber Achtung: An Wochenenden und zur Saison kann die Fahrt bis zu Tagen im Voraus ausgebucht sein. Eine Vorbestellung ist also empfehlenswert.
Anfahrt zur Punta Giglio: Von Alghero auf der SS 127bis zunächst in Richtung Fertilia und dann in Richtung Maristella fahren. Am Kreisel links in Richtung Porto Conte abbiegen. Mehr Informationen über die Kooperative Il Quinto Elemento, die Herberge Rifugio di Mare und das Open-Air-Museum gibt es unter https://rifugiodimare.it.