Sardinien ist nun wirklich nicht als Karnevalshochburg bekannt, doch wer die tollen Tage liebt und sucht, wird auf der Insel fündig. Drei Tipps für die Faschingszeit in Sardegna.
Zottelviecher mit Gruselmaske in Mamoiada
Statt Karnevalswagen und Kamelle stehen im knapp 2500-Seelen-Bergdorf in der wildromantischen Barbagia di Ollolai dunkle Schafsfelle, große Holzmasken und schwere Kuhglocken im Mittelpunkt des närrischen Treibens. Furchterregend sehen sie aus, die Mamuthones mit ihren braunen Tierpelzen, ihren grotesken Masken und scheppernden Schellen. Sie kommen im Gleichschritt mit effektvollem Getöse daher, denn Bewegungen, Tanzschritte und Glockengeläut greifen so ineinander, dass am Ende ein einziger starker Laut durch das Bergdorf dringt. Mit Lassos werden sie von den eleganten Issohadores in Schach gehalten, die zur Belustigung des Publikums gelegentlich auch mal den einen oder anderen Karnevalisten einfangen.
Wer mehr über die Mamuthones erfahren möchte und auf echte sardische Karnevalsatmosphäre Wert legt, ist schon bei der „vestizione„, der feierlichen Einkleidung, bei der die Männer in ihre Kostüme schlüpfen, richtig. Das Ende der närrischen Zeit wird in Mamoiada traditionell mit Juvanne Martis, dem symbolischen Sündenbock für die Vergehen im Karneval, besiegelt. Am Abend des Faschingdienstag wird die Stoffpuppe von den Narren auf der Piazza Santa Croce zu Tode operiert.
Trachtenzauber in Oristano
Hier lassen sich die meisten prächtigen Kostüme finden. Bei der Sartiglia, einem huldvollen Wettstreit, bei dem sich zahllose Reiter um einen Silberstern schlagen, stehen vor allem hübsch geschmückte Pferde und herrliche Trachten im Mittelpunkt des närrischen Treibens. Bei dem jährlichen Ereignis am Faschingssonntag und Veilchendienstag geht es aber nicht nur ums Kostüm. Die Teilnehmer der Sartiglia messen sich in ihrer Fertigkeit mit dem Degen. Dabei ist das Ziel ein leicht im Wind schwingender Silberstern, der nacheinander im vollen Galopp aufgespießt werden muss. Am spektakulärsten und nichts für ungelenkige Reiter sind die darauffolgenden Pariglie. Bei der beeindruckenden Akrobatik-Schau zeigen die Narren aus Oristano Gruppen- und Einzelfiguren auf dem Rücken der galoppierenden Pferde – und das Pubikum hält begeistert den Atem an.
Das frivolste Faschingsfest steigt in Bosa
Wer kräftig mitfeiern will, fährt am Faschingsdienstag nach Bosa. Beim Straßenkarneval S’Attittidu versammelt sich das halbe Städtchen auf der Piazza Fontana. Mit einer geschickten Enthemmungstaktik nähern sich am Morgen pechschwarz gekleidete Gestalten den weiblichen Zuschauerinnen. Sie heulen, wollen einen Schluck Muttermilch und halten den Frauen ihre nackten, entstellten und mit Phallussymbolen zurechtgemachten Puppen hin.
Nach Sonnenuntergang präsentieren sich die vormals Klagenden ganz in Weiß gekleidet. Sie leuchten den Teilnehmern mit ihren mitgebrachten Laternen ins Gesicht. Sie jammern, suchen den Giolzi und zelebrieren die Wehmut, dass es mal wieder für ein ganzes Jahr vorbei ist mit dem Karrasegare Osinku – dem Fasching. Ab und zu gleitet die eine oder andere Laterne am Bein aufwärts bis unter den Rock – dann hört man nur ein schrilles Kreischen oder Quitschen und lautes Gelächter.